Pressemitteilung vom 22.11.2022

Reform des Kirchenarbeitsrechts: Wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung verschiedenster Lebensentwürfe

Zum Beschluss des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) über eine Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts erklärt Lamya Kaddor, Sprecherin für Innen- und Religionspolitik:

Wir begrüßen, dass die katholische Kirche mit diesem Beschluss einen wichtigen Schritt hin zu einem inklusiven, fairen und zeitgemäßen Arbeitsrecht für 800.000 Mitarbeiter*innen vollzieht. Dieser Schritt war überfällig und ist auch ein Verdienst von #OutInChurch, die durch ihr Engagement auf eine Reform hingearbeitet haben.

Bisher standen die einzelnen Mitarbeiter*innen im Fokus des kirchlichen Arbeitsrechts, mit der Konsequenz, dass diese oftmals aufgrund ihrer persönlichen Lebenssituation von Kündigung bedroht waren. Es ist deshalb gut, dass sich die neue Grundordnung vom personenbezogenen Ansatz weitgehend verabschiedet und nun einen institutionenorientierten Fokus hat: Die Verantwortung für den kirchlichen Charakter einer Einrichtung soll nun nicht mehr auf den Schultern der Arbeitnehmer*innen lasten, sondern auf denen ihrer Dienstgeber*in.

Wir begrüßen insbesondere, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung, Beziehungsleben und Intimsphäre, einer rechtlichen Bewertung fortan entzogen sein soll. Damit werden insbesondere Menschen in gleichgeschlechtlichen Ehen, queere Mitarbeiter*innen und Wiederverheiratete von der bisher drohenden Kündigung endlich befreit.

Kirchliche Arbeitgeber*innen müssen nun zeigen, dass sie es mit der neuen Grundordnung ernst meinen: Insbesondere die weiterhin sanktionierbare „kirchenfeindliche Betätigung“ darf nicht als Mittel dienen, um auf Umwegen Mitarbeiter*innen für ihre persönliche Lebensführung zu sanktionieren. Es bedarf gerade auch im Hinblick auf trans- und intergeschlechtliche Mitarbeiter*innen weiterer Schritte der Gleichstellung.

Auch beim kollektiven Arbeitsrecht sehen wir im kirchennahen Bereich Handlungsbedarf. Denn Beschäftigte bei kirchlichen Wohlfahrtsverbänden haben nicht die gleichen Rechte wie vergleichbare Arbeitnehmer*innen. Auch sie müssen das Recht haben, Betriebsräte zu gründen, Tarifverträge in einem ordentlichen Verfahren abzuschließen und für ihre Belange streiken zu dürfen. Diese Problematik wollen wir im kommenden Jahr im Dialog mit den Kirchen erörtern und auch beim kollektiven Arbeitsrecht eine gute Lösung finden.