Trotz gestiegener Zahlen – Rechte Gewalt und Rassismus bleiben häufig unerkannt
Zur Veröffentlichung der Jahresstatistik 2022 zu rechter und rassistischer Gewalt erklären Misbah Khan, Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat, und Schahina Gambir, stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat:
Der Anstieg von mehr als 15 Prozent bei rechten Gewalttaten im Jahr 2022 ist besorgniserregend. Bei mehr als der Hälfte der Fälle lautet das Tatmotiv Rassismus. Insbesondere rassistisch motivierte Angriffe gegen Kinder und Jugendliche haben sich innerhalb von einem Jahr verdoppelt.- Die traurige Bilanz: Hasskriminalität aus rassistischen Motiven ist weiterhin alltäglich und beeinflusst die Sicherheit und das Leben von Familien und Betroffenen massiv.
Dass große Anteile der als politisch motiviert erfassten Kriminalität vermeintlich nicht zuzuordnen sind, muss uns besorgen: Wenn rechte und rassistische Gewalttaten von Ermittlungsbehörden und Gerichten nicht als solche erkannt werden, führt dies zu einer sukzessiven Entpolitisierung und Normalisierung dieser Taten. Für Betroffene hat das verheerende Konsequenzen. Durch die fehlende Anerkennung rassistischer Gewalttaten erleben sie erneut Diskriminierung, so wird ihnen beispielsweise eine Mitverantwortung für Angriffe zugeschrieben. Insgesamt zeigt die Jahresbilanz, dass von Rassismus betroffene Menschen in Deutschland weiterhin nicht ausreichend und angemessen vor Übergriffen geschützt sind.
Die radikale Rechte bespielt heute professionell Instagram-Kanäle, bringt sich scheinbar arglos in Elternbeiräten ein oder versucht sehr aktiv, engagierte Demokrat*innen über Hasskommentare im Netz und Drohungen zu diffamieren. Der Kampf gegen Rassismus kann sich deswegen nicht allein auf gewaltbereite Personen konzentrieren, sondern muss gesamtgesellschaftlich gedacht werden. Unser Land und unsere Sicherheitsbehörden müssen dringend ein stärkeres Bewusstsein für diesen „Imagewandel“ und die vielen Gesichter des modernen Rechtsextremismus entwickeln.
Wenn Rassismus bis in selbsternannte bürgerliche Kreise zum guten Ton gehört, sind Menschen, die als „fremd“ markiert werden, in Gefahr. Rassismus ist kein Randphänomen, sondern ein drängendes Thema der gesamten deutschen Gesellschaft. Dies ist in einem Einwanderungsland, wie Deutschland es schon lange ist, nicht hinnehmbar: Alle Menschen in unserem Land haben ein Recht auf Sicherheit, effektiven Schutz und – im Fall von Angriffen – auf Solidarität und Unterstützung.