Pressemitteilung vom 01.11.2023

Wichtiger Meilenstein für das Völkerstrafrecht

Zum heute durch das Bundeskabinett beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts erklären Helge Limburg, Sprecher für Rechtspolitik, und Boris Mijatović, Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Der heute verabschiedete Gesetzentwurf ist ein wichtiger Meilenstein zur Fortentwicklung des deutschen und auch des internationalen Völkerstrafrechts.

Die letzten Jahre haben uns die enorme Bedeutung des Völkerstrafrechts vor Augen geführt, sowohl für die Betroffenen schwerster Völkerstraftaten als auch für die Weltgemeinschaft. Dies verdeutlichen nicht nur der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und andere weltweite Kriege und Konflikte, sondern auch die in letzten Jahren in Deutschland geführten Völkerstrafverfahren etwa gegen Unterstützer des Assad-Regimes sowie wegen des Völkermords an irakischen Jesid*innen. Ziel der Reform des Völkerstrafgesetzbuchs war, die vorhandenen Strafbarkeitslücken im Völkerstrafrecht zu schließen, die Rechte von Betroffenen auf Verfahrensebene zu stärken und die Breitenwirkung völkerstrafrechtlicher Urteile zu verbessern.

Diesen Zielen wird der Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts in weiten Teilen gerecht. Wir begrüßen die zahlreichen Schließungen von materiellen Strafbarkeitslücken etwa im Bereich der sexualisierten und reproduktiven Gewalt sowie die Angleichung der Tatbestände an das Rom-Statut und die ständige Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs. Wir befürworten die positiven Änderungen hinsichtlich der Dokumentation von wichtigen Völkerstrafverfahren und bei der Nutzung von Verdolmetschungen in Gerichtsverhandlungen. Hier werden wir uns noch für einen besseren sprachlichen Zugang und Teilhabe zivilgesellschaftlicher Akteur*innen an Völkerstrafverfahren stark machen!

Ausdrücklich begrüßen wir die Streichung des Nachfrageerfordernisses beim Tatbestand des Verschwindenlassens als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Einführung eines eigenen Straftatbestandes des Verschwindenlassens in das Strafgesetzbuch. Dafür haben wir uns zuvor intensiv eingesetzt! Dies ist ein wichtiger Schritt für die Angehörigen von Verschwundenen, die bisher bei den mutmaßlichen Täter*innen nach dem Verbleib ihrer entführten Angehörigen fragen mussten.

Erfreulich sind auch die vielen Nachbesserungen im verfahrensrechtlichen Bereich, insbesondere die Erweiterung des Nebenklagekatalogs. Allerdings sehen wir weiterhin Nachbesserungsbedarf, wie etwa bei der Beschränkung der Nebenklagebefugnis auf bestimmte Rechtsgüter. Außerdem sollte neben den Medienvertreter*innen auch das allgemeine Publikum Zugang zu Verdolmetschungen bekommen. Gerade für Betroffene und Aktivist*innen betroffener Zivilgesellschaften ist dies besonders wichtig. Unter anderem bei diesen Punkten wollen wir im parlamentarischen Verfahren noch Verbesserungen erzielen.

Der Anspruch Deutschlands ist es, eine Vorreiterrolle bei der Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen einzunehmen. Dafür brauchen wir ein robustes Völkerstrafgesetzbuch, das für heutige Herausforderungen gewappnet ist. An dieser Fortentwicklung wollen wir nun im parlamentarischen Verfahren mit unseren Partnern weiter zusammenarbeiten. Dies sind wir den Opfern von schwersten Völkerrechtsverbrechen schuldig.