Statement vom 23.01.2024

Britta Haßelmann und Katharina Dröge zu den Themen Zivilgesellschaft und wehrhafte Demokratie, Leitmotiv in der Regierung: Sicherheit und Mut zur Veränderung

Anlässlich der heutigen Vorstandssitzungen der Grünen Bundestagsfraktion nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge zu den Themen Zivilgesellschaft und wehrhafte Demokratie, Leitmotiv in der Regierung: Sicherheit und Mut zur Veränderung.

Britta Haßelmann:
Das Jahr 24 steht unter der großen Frage der wehrhaften Demokratie. Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, blickt man auf das Wochenende, in dem über eine Million Menschen in ganz Deutschland auf der Straße waren, ob in Berlin, Hamburg, München, Kevelaer, Pirna oder in Leipzig: Überall ob große und kleine Stadt oder Gemeinde oder Ort – wird demonstriert für Freiheit, unsere Demokratie und gegen die Feinde der Demokratie. Viele der Menschen in unserem Land, die an diesen unzähligen Demonstrationen teilnehmen, wollen die Errungenschaften unserer Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung für uns alle verteidigen. Sie wollen die nicht gefährden für sich, für ihre Familien, für ihre Kinder. Und das ist das Ergebnis und das Signal des letzten Wochenendes. Wir sind sehr froh darüber. Denn es kommt in diesen Tagen natürlich auf die Fragen an, wie wehrhaft ist unsere Demokratie und was tun unsere Verfassungsorgane, was leisten wir im Parlament, welchen Rechtsrahmen setzen wir. Aber es kommt auch auf jede und jeden Einzelnen an, dass er in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, in der Straßenbahn oder aber im Supermarkt Einhalt gebietet, darüber spricht, wenn es Verachtung und Menschenfeindlichkeit gibt. Dass es an dieser Stelle keine einfachen Antworten auf komplexe Herausforderungen unseres Landes gibt, ist mehr als deutlich.

Wir haben in den letzten zwei Jahren als Ampel bereits bei der Parteienfinanzierung deutlich gemacht, dass wir Wert auf mehr Transparenz legen und auch unlautere Wahlwerbung viel kritischer im Gesetzentwurf verankern, als das bisher der Fall war. Wir haben beim Stiftungsgesetz, was wir zum Ende des Jahres verabschiedet haben, sehr deutlich gemacht, dass es einen klaren Bezug von politisch tätigen Stiftungen zur freiheitlichen Grundordnung und unserer Verfassung geben muss. Wir haben beim Disziplinarrecht klare Kante gezeigt und einen Rechtsrahmen gesetzt für das Bekenntnis zu unserer Verfassung und dem Rechtsstaat und damit gerade rechtsextremen Umtrieben, die wir aus einzelnen Netzwerken bei der Polizei oder auch der Bundeswehr kannten, einen klaren Rechtsrahmen gesetzt. Wir wollen mit dem Demokratiefördergesetz all denjenigen, die aktiv sind im Kampf gegen Rechtsextremismus, die vor Ort wertvolle Arbeit leisten für bürgerschaftliches Engagement in Vereinen, in Initiativen mehr Unterstützung bieten und daran arbeiten wir gerade sehr stark in der Ampel und werden das sicher jetzt auch bald auf den Weg bringen.

Ich finde auch, dass das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes richtungsweisend ist und ein klares Signal sendet, dass der Staat nicht in der Verantwortung ist, Parteien, die sich gegen diesen Staat richten und zum Ziel haben, ihn und die Verfassungsorgane infrage zu stellen, sie zu zerstören, finanzielle Unterstützung zu leisten. Und ich glaube, dass wir auch in unserem politischen Handeln jetzt darauf aufbauen können und hier mit Unterstützung dieser lebendigen Zivilgesellschaft weiter daran arbeiten, dass unsere Demokratie wehrhaft bleibt.

Katharina Dröge:
Wir haben als Fraktionsvorstand der grünen Bundestagsfraktion auch auf das anstehende Jahr geschaut und zwei Grundsätze sind für uns enorm wichtig, aber sie sind auch ein Stück weit das Dach, das die Arbeit der gesamten Ampel beschreibt. Das ist auf der einen Seite Sicherheit und das ist auf der anderen Seite Mut zu Veränderung, denn das, was diese drei Parteien verbindet und das, was auch der Kern dieser Koalition ist, das ist ja, dass diese drei Parteien der Überzeugung sind, dass nur in der Veränderung von Politik am Ende auch eine sichere Zukunft liegt. Das unterscheidet uns von der größten Oppositionspartei, von der Union, die in der Bewahrung des Stillstandes an sich schon ein Politikkonzept sieht. Und das sehen alle drei Ampelparteien anders.
 

Mut zu Veränderung haben wir bewiesen, als wir in der letzten Sitzungswoche das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert haben und vor einigen Monaten das Einwanderungsgesetz modern gemacht haben, auf die Höhe einer modernen Gesellschaft gebracht haben. Aber wir haben damit ebengleichzeitig auch Sicherheit geschaffen, Sicherheit für den Wirtschaftsstandort Deutschland, der mit einem verstaubten Einwanderungsgesetz nicht mehr in der Lage ist, die Fachkräfte zu gewinnen, die er braucht, damit am Ende der Laden schlichtweg noch am Laufen bleibt.
 

Sicherheit und Mut zur Veränderung haben wir auch in der Energiepolitik bewiesen, weil wir die Weichen auf Zukunft, auf erneuerbare Energien gestellt haben und an den explodierenden Ausbauzahlen beispielsweise bei der Solarenergie sieht man, dass Reformen auch jetzt schon wirken, aber sie bringen eben auch Sicherheit für die Energieversorgung der Zukunft, denn Regierungen vor uns haben den Fehler gemacht, aus allem auszusteigen, Ausstiegsbeschlüsse für die Kohle und für Atomenergie zu treffen, aber eben nicht einzusteigen in das, was Zukunft bedeutet, und das haben wir als Ampel geschafft.
 

Sicherheit und Mut zur Veränderung haben wir auch in der Sozialpolitik geschaffen, als wir das Bürgergeld reformiert haben. Auf der einen Seite haben wir den Menschen Sicherheit gegeben, die sich auf diesen Staat verlassen müssen in diesen Zeiten, in denen es ihnen selber schlecht geht. Aber wir haben eben gleichzeitig auch mit der Stärkung von Weiterbildung und Qualifizierung die Antwort dafür gegeben, dass die Menschen langfristig auch wieder Fuß fassen im Arbeitsmarkt und damit wir als Gesellschaft und die Leute ganz konkret bessere Chancen haben.
 

Mit diesem Anspruch wollen wir jetzt auch in das kommende Jahr gehen, in ein so wichtiges Jahr für die Demokratie.  Was wir als drei Koalitionsfraktionen und -parteien mit Sicherheit noch besser machen müssen, ist die Art und Weise, wie wir Politik machen. Wir als grüne Bundestagsfraktion möchten dafür werben, dass der Kompromiss Kern der Demokratie ist. Das heißt ganz klar: Alle drei Ampelparteien werden eigenständige Parteien bleiben. Es wäre falsch, jetzt so zu tun, als wären drei Parteien, die unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen vertreten und unterschiedliche Ziele haben, auf einmal eine Partei. Das kann in einer Demokratie nicht funktionieren. Unsere Aufgabe ist es, in herausfordernden Zeiten eben genau den Weg vernünftig zu beschreiben, zu sagen: Ich stehe da. Du stehst da. Und am Ende werden wir uns aber einigen. Das ist unser Job, uns zu einigen. Das miteinander respektvoller, wertschätzender und vielleicht auch verständnisvoller zu machen, das ist aus meiner Sicht die Aufgabe. Das heißt, nicht zu versprechen, dass wir in Zukunft nicht mehr unterschiedliche Positionen haben werden, aber den Weg besser miteinander hinzukriegen und das Ergebnis miteinander besser zu stehen.
 

Wie das gehen kann, das werden wir auf der einen Seite jetzt beim Kindergeld unter Beweis stellen müssen. Auch da sagen wir als grüne Bundestagsfraktion sehr klar: Wir haben eine Haltung. Unsere Haltung ist, dass, wenn man die Kinderfreibeträge erhöht, das Kindergeld mit erhöht werden sollte, denn das betrifft 67 Prozent der Kinder. Das betrifft Kinder, deren Eltern mittlere Einkommen haben, die zum hart arbeitenden Teil dieser Gesellschaft gehören und eben nicht nur diejenigen, die die ganz hohen Einkommen oder hohe Einkommen haben. Wir verstehen auch, dass ein Finanzminister sagt: Mein Job ist es, auf einen Haushalt zu schauen und darauf, dass das Ganze finanziert werden muss. Das sind die zwei Perspektiven. Die werden und wollen wir jetzt in dieser Koalition zusammenbringen. Dazwischen liegt der Kompromiss. Und am Ende werden wir einen finden und den werden wir dann auch gemeinsam vertreten.