Statement vom 21.07.2022

Katharina Beck zur Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank

Zur Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank erklärt Katharina Beck, Sprecherin für Finanzpolitik:

„Die EZB agiert in der derzeit schwierigen Gemengelage mit einer deutlichen aber dennoch besonnenen Anhebung der Zinsen. Mit der ersten Zinsanhebung seit einem Jahrzehnt macht sie einerseits deutlich, dass sie bereitsteht, im Falle einer nachfragegetriebenen Inflation zu reagieren und dass sie auch die Wertentwicklungen rund um den Euro im Blick hat. Andererseits verzichtet die EZB im Angesicht der derzeitigen angebotsgetriebenen Inflation klugerweise auf ein übertrieben heftiges Straffen der Geldpolitik. Wir haben in Europa im Gegensatz zu den USA eine importierte Inflation wegen des Kriegs und der fossilen Energieabhängigkeit. Eine starke Erhöhung der Zinsen kann gegen die zentralen Inflationstreiber in der Europäischen Währungsunion – hohe Energiepreise und Lieferkettenprobleme - nur wenig bewirken – und würde die Belastung der Menschen durch höhere Investitionskosten und einen wahrscheinlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit leider eher verstärken. In Bezug auf das Zinsniveau ist es für Sparer*innen eine grundsätzlich gute Nachricht, wenn sich die Höhe der Zinsen nun aus dem Negativbereich raus entwickelt.

Wichtig ist auch, dass Spekulationen über eine Neuauflage der Eurokrise im Keim erstickt werden. Durch die Ankündigung des neuen Kriseninstruments macht die EZB früh klar, dass sie nicht zulassen wird, dass die Staatsanleihen einzelner Mitgliedsländer aus dem Ruder laufen und so die Währungsunion insgesamt gefährden. Was die Auflagen anbelangt, sollte aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt werden: Länder zu zwingen in eine Krise hinein zu sparen, hat sich als kontraproduktiv erwiesen. Wir brauchen im Gegensatz dazu ein neues strategisches Verständnis und Wertschätzung auch staatlicher Leistungen wie wertvoller Infrastruktur.“