Statement vom 18.06.2022

Sven-Christian Kindler zu aktuellen Äußerungen des Bundesfinanzministers zur Finanzpolitik

Zu den aktuellen Äußerungen des Bundesfinanzministers zur Finanzpolitik erklärt Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik:

„In Krisenzeiten ist Sparpolitik das falsche Instrument. Auch 2023 werden wir leider sehr wahrscheinlich mit den massiven Folgen von Ukraine-Krieg, fossiler Inflation und Corona-Pandemie noch zu kämpfen haben. In Zeiten der Not setzt man nicht den Rotstift an und suggeriert Normalität, sondern geht die Krisen entschlossen an. Finanzpolitik in diesen Krisenzeiten heißt nicht ständig Nein zu sagen, sondern zu gestalten und die Probleme zu lösen.
Die aktuelle Inflation liegt nicht an einer zu hohen Nachfrage, sondern vor allem an einem verknappten Angebot durch gestörte Lieferketten als Folge der Pandemie und des russischen Kriegs. Diese Engpässe müssen wir durch gezielte Investitionen auflösen. Eine Sparpolitik aus Prinzip würde diese Engpässe vergrößern und so die Inflation manifestieren.
Wir müssen die sozialen Folgen der Preisanstiege abfedern. Insbesondere arme Menschen und Familien benötigen zusätzliche Unterstützung, denn sie leiden unter den steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen am meisten. Für sie brauchen wir weitere gezielte Hilfen.
Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache. Insbesondere in Krisenzeiten brauchen wir eine gerechte Steuerpolitik.
Ein Abbau der kalten Progression wäre sozial ungerecht und darüber hinaus teuer für den Haushalt, denn das würde hohen Einkommen deutlich mehr als kleinen und mittleren Einkommen helfen. Im Koalitionsvertrag haben wir das Angehen der kalten Progression bewusst nicht verankert. Wir können höchstens darüber reden, wenn eine Korrektur vollständig über eine Erhöhung der Einkommensteuer für Verdiener von Spitzeneinkommen gegenfinanziert wird. Das wäre haushaltsneutral und zudem gerecht.
Deutliches Einsparpotenzial im Haushalt gibt es bei klimaschädlichen Subventionen, zum Beispiel bei Hybridautos, den steuerlichen Begünstigungen für die Flugindustrie, dem Dienstwagenprivileg oder dem Neubau von Autobahnen. Auch bei der üppigen haushalterischen und steuerlichen Förderung von Elektroautos besteht angesichts der Marktdurchdringung und der schlechten Verteilungswirkung ein klarer Reformbedarf.“