Antrag zur IGW

Landwirtschafts- und Ernährungspolitik im Aufbruch

Ein Schwein schaut in die Kamera
Die Internationale Grüne Woche bleibt - auch wenn nur digital möglich - ein agrarpolitischer Höhepunkt des parlamentarischen Jahres. Die grüne Bundestagsfraktion hat gemeinsam mit SPD und FDP einen Antrag eingebracht, der die Schwerpunkte der neuen Agrarpolitik umreißt. Pascal Debrunner / unsplash
27.01.2022
  • Die Debatten zur Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik in dieser Woche läuten nach der Regierungsbildung eine Phase intensiver politischer Aktivität ein. Die Regierungskoalition und der grüne Minister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, machen sich ambitioniert an die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Projekte.
  • Ziel ist nicht weniger als eine grundlegende Transformation des Sektors. Die konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Erwartungen verspricht eine Versöhnung von Umwelt- und Agrarpolitik und soll die Branche zukunftsfähig aufstellen. Die Veränderungsbereitschaft aller Akteure ist so hoch wie noch nie.
  • Die grüne Bundestagsfraktion hat gemeinsam mit SPD und FDP den Antrag "Landwirtschafts- und Ernährungspolitik im Aufbruch" eingebracht, der die Schwerpunkte der neuen Agrarpolitik umreißt.

Klima, Umwelt, Tierschutz und faire Preise im Fokus

In dieser Legislaturperiode wollen wir den dringend notwendigen Aufbruch hin zu einer klima-, umwelt- und tiergerechten und ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft endlich anpacken. Zunehmend bewusste und engagierte Verbraucherinnen und Verbraucher verlangen nicht nur gesündere und rückstandsfreie Lebensmittel, sondern auch mehr Achtung vor den Bedürfnissen der Tiere sowie einen schonenderen Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen. Die im Rahmen des European Green Deal entwickelte EU-Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ (engl.: Farm to Fork) ist dafür eine wesentliche Leitplanke.

Gleichzeitig ist das Bewusstsein für die ökonomischen Zwänge, unter denen Bäuerinnen und Bauern in Zeiten eines globalisierten Wettbewerbs um günstige Preise wirtschaften, gestiegen. Allen Beteiligten ist klar: Unser Landwirtschafts- und Ernährungssystem muss sich grundlegend ändern - und den Erzeugerinnen und Erzeugern, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen, ein faires Auskommen sowie angemessene Planungssicherheit bieten, .

Prioritäten: Ökolandbau und Umbau der Tierhaltung

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Renate Künast am 27.01.2022

Noch in diesem Jahr wollen wir eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung einführen, die am Produkt erkennen lässt, wie das betreffende Tier gehalten wurde und Konsumentinnen und Konsumenten eine echte Wahl ermöglicht. Um die Landwirtinnen und Landwirte bei der Investition in tiergerechte Haltungssysteme zu unterstützen, soll ein durch die Marktteilnehmer*innen getragenes Finanzierungssystem entwickelt und die betriebliche Förderung entsprechend ausgerichtet werden.

Priorität hat zudem die Anpassung des Bau- und Genehmigungsrechts, um unnötige Hürden aus dem Weg zu räumen. Eine Verschärfung der Brandschutzvorschriften für Tierhaltungsanlagen und das Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung nehmen wir ebenfalls zeitnah in den Blick.

Gleichzeitig werden wir die Rahmenbedingungen orientiert am Leitbild Ökolandbau so umgestalten, dass eine Landwirtschaft im Einklang von Natur und Umwelt immer mehr zum Normalfall wird. Bis zum Jahr 2030 wollen wir so 30 Prozent Ökolandbau in Deutschland erreichen, den Einsatz von Pestiziden wirksam reduzieren und den Ackerbau insgesamt sowohl klimafreundlicher als auch klimarobuster aufstellen. Dazu gehören auch ein neuer, am Gemeinwohl ausgerichteter Umgang mit landwirtschaftlichen Daten und eine angepasste Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, die Klima- und Umweltleistungen angemessen honoriert.

Zukunftsfähige Ernährung – gesund und nachhaltig

Eine zukunftsfähige Ernährungspolitik bringt gesündere Lebensmittel auf die Teller und macht es einfacher, nachhaltig und regional ausgerichtet zu essen. Dazu gehört eine Wertschöpfungskette, die diesen Namen verdient und alle Akteure angemessen beteiligt. Vor diesem Hintergrund wollen wir spätestens 2023 eine nachhaltige Ernährungsstrategie beschließen, die auch Menschen mit geringem Einkommen angemessen berücksichtigt, und einen Wettbewerb mit fairen Preisen durch geeignete Rahmenbedingungen unterstützen.

Wesentliche Projekte betreffen zudem die Kommunikation von Produkteigenschaften: An Kinder gerichtete Werbung für Nahrungsmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt wollen wir baldmöglichst beenden und die Nährwertangaben auf den Produkten durch ein EU-weites Nutriscore-System allgemeinverständlich vereinheitlichen.

Angesichts einer weiter wachsende Weltbevölkerung und knapper Ressourcen können wir es uns nicht mehr erlauben, dass wesentliche Teile der Ernte den Handel niemals erreichen oder danach im Müll landen. Verbindliche Reduktionsziele für Lebensmittelverschwendung, Entkriminalisierung des „Containerns“ und Erleichterung von Lebensmittelspenden sind dabei hierzulande wichtige Stellschrauben für mehr Nachhaltigkeit auch am Ende der Lebensmittelkette.