Behandlungskapazitäten gerecht zuteilen
- Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, „unverzüglich“ eine gesetzliche Regelung zu schaffen, um eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bei knappen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten zu verhindern.
- Durch ein Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes werden wir diesen Auftrag des Gerichtes umsetzen.
- In den Verhandlungen in der Ampelkoalition konnten wir weitere Verbesserungen des Gesetzentwurfes durchsetzen.
Wem werden knappe Behandlungskapazitäten zugeteilt, wenn insbesondere durch eine übertragbare Erkrankung die Intensivstationen so überlastet sind, dass die Betten knapp werden? Vor allem ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen befürchten, dass sie in einem solchen Fall benachteiligt werden und keine überlebenswichtige medizinische Hilfe bekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Bundestag daher Ende des vergangenen Jahres in einem Urteil verpflichtet, eine Benachteiligung durch eine gesetzliche Regelung zu verhindern.
Verbesserungen in Verhandlungen erreicht
Die Bundesregierung hatte dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der dann im Plenum debattiert wurde. Bereits im Vorfeld hatte es Diskussionen gegeben, weil in einem früheren Entwurf zunächst auch die so genannte Ex-Post-Triage erlaubt werden sollte. Ex-Post-Triage meint, dass auch bereits zugeteilte Behandlungskapazitäten im Falle einer Knappheit neu verteilt werden könnten. Dies hatte die Bundesregierung später auf auch unsere Forderung hin korrigiert. Nun wird die Ex-Post-Triage explizit ausgeschlossen.
In den Verhandlungen mit den anderen Ampelfraktionen konnten wir noch weitere Verbesserungen erreichen. Wobei natürlich die Hoffnung bleibt, dass die Situation nie eintreten möge, dass das Gesetz angewandt werden muss.
- Bundestag und Bundesministerium für Gesundheit besetzen gemeinsam eine Kommission, die mit der Evaluation des Gesetzes beauftragt wird. Die Evaluation soll prüfen, ob die Ziele des Gesetzes umgesetzt werden und welche Auswirkungen es in der Praxis hat. Und zwar auch dann, wenn es nicht angewendet werden muss, es also zu keinen Triage-Entscheidungen kommt.
- Die Ex-Post-Triage bleibt ausgeschlossen. Es wird allerdings klargestellt, dass Änderungen des Therapieziels weiterhin möglich bleiben. Ärztinnen und Ärzte können also weiter eine intensivmedizinische Behandlung abbrechen, wenn diese nicht mehr indiziert ist. Das schafft Rechtssicherheit.
- Für Krankenhäuser wird eine Meldepflicht etabliert, die die Gründe für die Zuteilungsentscheidungen umfasst. Diese Meldungen gehen an die zuständigen Landesbehörden und werden auf Bundesebene gebündelt.
- Es wird außerdem deutlich hervorgehoben, dass eine Zuteilungsentscheidung erst erfolgen darf, wenn alle anderen Maßnahmen, wie Verlegungen in andere Krankenhäuser nach dem Kleeblattprinzip ausgeschöpft wurden.
- Wir konnten außerdem Einigkeit darüber herstellen, dass die so genannte „graue“ Vor-Triage im Zuge des im Koalitionsvertrag vereinbarten Aktionsplans für ein inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen näher evaluiert wird. Hinter der „grauen“ Vor-Triage verbirgt sich die Befürchtung, dass Menschen mit Behinderungen in unserem Gesundheitswesen strukturell benachteiligt werden.
In den Verhandlungen haben wir uns auch bemüht, neben der Anwendung des Kriteriums der kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit auch andere ethisch begründbare Zuteilungsentscheidungen zu ermöglichen. Dies war in den Verhandlungen allerdings nicht durchsetzbar.