Veröffentlicht am

Starker Schutz für Whistleblower*innen

  • Hinweisgeber*innen, die Missstände aufdecken, werden endlich auch in Deutschland gesetzlich besser geschützt.
  • Der Bundestag hat am 11. Mai 2023 nach intensiven Verhandlungen mit dem Bundesrat das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet. Damit wird die sogenannte EU-Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt.
  • Das nun beschlossene Hinweisgeberschutzgesetz hat einen breiten Anwendungsbereich. Es schützt nicht nur bei Verstößen gegen EU-Recht, sondern unter anderem auch bei Verstößen gegen Straftatbestände, gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen und nationale Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt.

Der Fall von Brigitte Heinisch ging deutschlandweit durch die Medien und sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR): Die Altenpflegerin hatte auf Missstände in Pflegeheimen aufgrund personeller Unterbesetzung aufmerksam gemacht, worauf ihr Arbeitgeber mit der Kündigung reagierte. Der von Heinisch angerufene EGMR entschied in einem wegweisenden Urteil, dass die Aufdeckung von Missständen durch die Meinungsfreiheit geschützt ist.

Hinweise im öffentlichen Interesse

Menschen, die Missstände in dem Unternehmen oder in der Behörde, in der sie arbeiten, aufdecken, müssen häufig Repressalien fürchten, obwohl sie damit in der Regel andere Menschen schützen wollen. Sie sorgen sich um die Gesundheit, das Leben, die Einkünfte oder andere Rechte dieser Personen. Ohne ihr mutiges Agieren ist eine Aufdeckung und damit der Schutz dieser Personen vielfach gar nicht möglich. Daher besteht auch ein großes öffentliches Interesse daran, dass Menschen Missstände nicht schweigend hinnehmen.

Um diese wichtige Funktion von Whistleblower*innen zu schützen, hat die EU am 23. Oktober 2019 die „Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (die sogenannte Whistleblower-Richtlinie) erlassen. Mit ihrer Umsetzung verpflichten sich die Mitgliedstaaten, dass Menschen, die Verstöße gegen das EU-Recht melden, vor Repressalien geschützt werden.

Schutz vor Repressalien

Das am 11. Mai 2023 vom Bundestag beschlossene Hinweisgeberschutzgesetz geht über eine bloße Umsetzung der Richtlinie hinaus, ohne Unternehmen mit unnötiger Bürokratie zu belasten: Das Gesetz sieht Schutz nicht nur bei Meldung von Verstößen gegen das EU-Recht, sondern auch gegen nationale Vorschriften vor, wenn diese straf- oder bußgeldbewehrt sind, oder bestimmte Bereiche betreffen, wie zum Beispiel den Umweltschutz, die Lebensmittelsicherheit oder den Verbraucherschutz. So wird eine sachgerechte und wirksame Regelung erreicht. 

Meldestellen und Meldungen

Unternehmen und Behörden müssen interne Meldestellen einrichten, die solche Hinweise annehmen und untersuchen. Zusätzlich richtet unter anderem das Bundesamt für Justiz eine sogenannte externe Meldestelle ein.

Alle Meldestellen - interne wie externe - sollen auch anonymen Meldungen nachgehen. Das Bundesamt für Justiz wird Hinweisgeber*innen dabei auch einen rückmeldefähigen anonymen Kanal anbieten und so die Möglichkeit für einen anonymen Dialog mit der Meldestelle schaffen.

Damit wurde dem Bedürfnis von Hinweisgeber*innen Rechnung getragen, die insbesondere bei schwerwiegenden Verstößen oder Missständen häufig den Schutz der Anonymität suchen. Tatsächlich bieten schon jetzt auch viele Unternehmen die Möglichkeit, intern anonym Meldungen zu machen — aus gutem Grund, denn gerade das jeweilige Unternehmen selbst hat in der Regel ein starkes Interesse daran, gravierende Vorfälle so frühzeitig aufzudecken, dass der daraus resultierende Schaden begrenzt werden kann.

Meldet eine Person einen Rechtsverstoß an eine Meldestelle, fällt sie unter den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes. Sie darf dann darf etwa von ihrem Beschäftigungsgeber nicht dafür bestraft werden. Ist die hinweisgebende Person aufgrund ihrer Meldung Repressalien ausgesetzt, soll sie dafür Schadensersatz verlangen können. Aufgabe der Meldestellen soll es außerdem sein, über ihre Meldeverfahren zu informieren und so den Zugang für potentielle Hinweisgeber*innen zu erleichtern.

Auch Beamtinnen und Beamte, die verfassungsfeindliche Äußerungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit melden, etwa aus behördeninternen Chats, fallen unter den gesetzlichen Schutz. Ebenso gibt es Regelungen zum Schutz von Tierärzt*innen, die Missstände in der gewerblichen Haltung von Nutztieren melden. Letzteres war uns gerade im Hinblick auf Verstöße gegen Tierschutzvorschriften in der Massentierhaltung ein Anliegen.

Gesetzesentwurf

Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen

Weitere Meldungen zum Thema

Gerichtsurteil zu Schwangerschaftsabbrüchen

Dies ist kein guter Tag für die Frauen in Lippstadt und in ganz Deutschland. Schon jetzt ist es so, dass die Versorgungslage für Schwangere in Deutschland immer schlechter wird.

Pressemitteilung
Pressemitteilung: Gerichtsurteil zu Schwangerschaftsabbrüchen
Katharina Dröge und Britta Haßelmann zum Verzicht auf eine Kandidatur zur Verfassungsrichterin von Frau Brosius-Gersdorf

Wir bedauern sehr, dass Frauke Brosius-Gersdorf den Eindruck gewonnen hat, nicht mehr für eine Wahl zur Richterin am Bundesverfassungsgericht im Bundestag zur Verfügung stehen zu können.

Pressemitteilung
Pressemitteilung: Katharina Dröge und Britta Haßelmann zum Verzicht auf eine Kandidatur zur Verfassungsrichterin von Frau Brosius-Gersdorf
Konstantin von Notz zum BVerfG-Beschluss zu Staatstrojanern

Mit Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung erhalten staatliche Stellen die Möglichkeit, die Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern sehr tief auszuleuchten.

Pressemitteilung
Pressemitteilung: Konstantin von Notz zum BVerfG-Beschluss zu Staatstrojanern
Organklage: Für die Rechte des Parlaments und sauberes Wasser

Die Grüne Bundestagsfraktion klagt beim Bundesverfassungsgericht gegen den Bundeslandwirtschaftsminister. Dieser hat ohne Beteiligung des Bundestages eine Verordnung zum Schutz unseres Wassers aufgehoben und damit die Rechte des Parlaments verletzt.

Fachtext
Fachtext: Organklage: Für die Rechte des Parlaments und sauberes Wasser
Leitentscheidungsverfahren beim Bundesgerichtshof

Durch die Reform können Ansprüche wie im Diesel-Skandal oder bei unzulässigen Klauseln in Versicherungs- oder Bankverträgen schneller entschieden werden.

Fachtext
Fachtext: Leitentscheidungsverfahren beim Bundesgerichtshof
Es wurden keine Treffer gefunden.

Unsere Publikationen

Verbraucherschutz im Fokus

Wir wollen klare Standards für Lebensmittel, Kleidung und Geräte des Alltags.

Flyer & Broschüren
Zur Publikation: Verbraucherschutz im Fokus

LSBTIQ*-Rechte sind Menschenrechte

Wir treten für den Schutz und die Würde von LSBTIQ*-Personen ein.

Flyer & Broschüren
Zur Publikation: LSBTIQ*-Rechte sind Menschenrechte
Für ein sicheres und bezahlbares Wohnen

Für ein sicheres und bezahlbares Wohnen

profil:GRÜN 12/2023

Zeitschrift
Zur Publikation: Für ein sicheres und bezahlbares Wohnen