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Zwischenbericht zum deutschen Engagement in Afghanistan

  • Mit dem Einmarsch der Taliban in Kabul am 15. August 2021 und der anschließenden Evakuierungsmission fanden 20 Jahre deutsches und internationales Engagement in Afghanistan ein abruptes Ende. Seitdem regieren wieder die radikalislamischen Taliban in Afghanistan und schränken Frauen- und Menschenrechte immer weiter ein.
  • Die Koalitions-Fraktionen haben im Koalitionsvertrag die Einsetzung einer Enquete-Kommission beschlossen, um das Engagement parlamentarisch zu untersuchen und um Lehren für die Zukunft deutscher Auslandsengagements zu ziehen.
  • Die Erfüllung des Auftrags, Fehler und Ursachen klar zu benennen und daraus Lehren zu ziehen, findet sich in der einzigartigen, umfassenden Aufarbeitung des fast 20-jährigen Afghanistan Einsatzes wieder.

Mit der Veröffentlichung des Zwischenberichts der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan“ beschließt die Enquete Kommission die erste Phase ihrer seit September 2022 laufenden Arbeit. Die umfassende parlamentarische Aufarbeitung des fast 20-jährigen Afghanistan-Einsatzes benennt klar und selbstkritisch die begangenen Fehler, dessen Ursachen sowie Lehren für die Zukunft deutscher Auslandsengagements.

Wir Grüne im Bundestag haben uns in der Gestaltung des gesamten Aufarbeitungsprozesses dafür stark gemacht, neben politischen Entscheidungsträger*innen der ehemaligen Bundesregierungen, auch afghanische Stimmen und Akteur*innen zu hören. In Öffentlichen Sitzungen haben wir daher Soldat*innen, Polizist*innen, Diplomat*innen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen – insbesondere auch die afghanische Perspektive - angehört und in die Arbeit des Berichts einfließen lassen.

Strukturelle und strategische Lücken

Besonders zu Beginn wurde vorhandenes Wissen, auch das der deutschen Auslandsvertretung in Kabul, oft nicht genutzt. Für die Aufgabe des Staatsaufbaus wurden regionale Besonderheiten und lokale Machtverhältnisse zu wenig berücksichtigt und es mangelte an Verständnis traditioneller afghanischer Hierarchien und Machtverhältnissen.

Detaillierte ungeschminkte Lagebilder wurden zwar durch verschiedene Informationsquellen bereitgestellt, aber nicht systematisch zu einem Gesamtbild zusammengeführt und oftmals auf politischer Führungsebene in Berlin schöngeredet. Selbst nach jahrelanger Erfahrung vor Ort erwies sich der Lernprozess als langsam und inkonsequent.

Bei der ausführlichen Aufarbeitung ist hervorgehoben geworden, dass die Bundeswehr unzureichend ausgerüstet nach Afghanistan geschickt wurde und die Bundesrepublik vor Ort dementsprechend kaum vorbereitet agierte.

Zwischen den beteiligten deutschen Akteur*innen, insbesondere der Ministerien, gab es weder hinreichende strategische Abstimmung noch genügend Koordinierung. Es mangelte an einer ressortübergreifenden politisch-strategischen Zielsetzung und konkrete Auftragsziele sowie deren Umsetzung waren unklar. Eine Vernetzung der Maßnahmen wäre für die Nachhaltigkeit des Engagements entscheidend gewesen. Dies fand nur unzureichend statt, stattdessen liefen Maßnahmen lediglich parallel nebeneinander her. Daher gab es zwar vereinzelte taktische Erfolge, die jedoch nicht nachhaltig abgesichert werden konnten.

Darüber hinaus gab es zu wenig Kontrollmöglichkeiten, insbesondere der Lage angepassten fortlaufenden, ressortübergreifenden Wirksamkeitskontrollen von zivilen und militärischen Maßnahmen hinsichtlich der politisch sehr hoch gesteckten Ziele. Das lag auch daran, dass der Gesamtauftrag und militärische Mandate in Deutschland nicht auf konkrete und überprüfbare Zwischenziele heruntergebrochen wurden. In der öffentlichen, wie auch parlamentarischen Debatte stand häufig der militärische Teil des Engagements im Vordergrund. Zivile Aspekte wurden oft vernachlässigt.

Besonders wichtig war uns bei der Arbeit in der Kommission, auch die Auswirkungen des Einsatzes auf Frauen und Mädchen in den Fokus zu nehmen, deren Lebensbedingungen in den Bereichen Gesundheit und Bildung verbessert werden konnten. Diese Initiativen haben sich in Anbetracht der aktuellen menschenverachtenden Behandlung von Frauen und Mädchen durch die Taliban als nicht nachhaltig herausgestellt.

Aus unseren Fehlern lernen

Der Zwischenbericht und die umfangreiche Identifizierung der begangenen Fehler des deutschen Engagements in Afghanistan sind ein erster Schritt hin zu konkreten Verbesserungen. Dafür werden wir uns in der nächsten Phase der Arbeit der Enquete-Kommission weiter einsetzen und konkrete Handlungsempfehlungen formulieren, die zur Verbesserung unseres zukünftigen vernetzten außenpolitischen Handelns beitragen können.

Gleichzeitig müssen wir lernen, noch genauer hinzuhören: sowohl vor Ort, als auch bei denen, die vom Parlament in Einsätze geschickt werden. All diesen Menschen der Bundeswehr, der Polizei, der Zivilorganisationen, sowie den Afghan*innen vor Ort gilt unser großer Dank für ihr Engagement und ihre harte Arbeit.

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