Rede von Sara Nanni Außen- und Sicherheitspolitik

Sara Nanni
22.02.2024

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Union hat heute einen Antrag vorgelegt. Es geht um die Frage, ob wir in Anbetracht der sicherheitspolitischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, das Richtige tun und ob wir genug tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie kennen mich ja. Sie kennen mich aus dem Verteidigungsausschuss, Sie kennen meine Reden hier im Plenum. Und Sie wissen auch, dass mir vieles nicht schnell genug geht und dass ich mir bei Teilen der Bundesregierung noch ein höheres Bewusstsein für den Ernst der Lage wünschen würde. Ich bin keine, die die Dinge schönredet. Die Art und Weise, wie Sie in Ihrem Antrag so tun, als wäre nichts passiert, ist aber wirklich dreist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es gibt in Ihrem Antrag zwei Kategorien von Forderungen: solche, die schon längst eingelöst sind oder gerade dabei sind, eingelöst zu werden, wie die bessere Ausstattung der Bundeswehr, die Weiterentwicklung der Sanktionen, aber auch die Anerkennung der existenziellen Bedrohung durch Russland,

(Ulrich Lechte [FDP]: Das 13. Paket ist verhandelt!)

und solche, die mit sehr hohen zusätzlichen Ausgaben einhergehen würden. Viele davon finde ich sogar richtig; viele davon versuchen wir auch aus dem Parlament heraus voranzutreiben – Beispiele: Gesamtverteidigung, Schutz der kritischen Infrastruktur.

Ich erinnere Sie an dieser Stelle nur ungern daran, dass es die Union war, die bei den Verhandlungen zum Sondervermögen genau diesen Bereich ausgespart und es als Gedöns abgetan hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Sie wollten dafür damals kein Geld zur Verfügung stellen. Ich heiße Sie trotzdem herzlich willkommen im 21. Jahrhundert; immerhin diese Position der Union hat sich geändert.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, „Verlässlichkeit und Planbarkeit bei der Finanzierung aller sicherheits- und verteidigungsrelevanten Bereiche“ sollten „unter Einhaltung der Schuldenbremse“ hergestellt werden. Wenn ich am Wochenende in München bei der Sicherheitskonferenz eine Sache häufiger gehört habe als alles andere, dann ist es das Unverständnis der internationalen Partner über die deutsche Finanzdebatte, über die Schuldenbremse, über die Politik des Sparen-Wollens in Zeiten multipler Krisen. Und das geht auch auf Ihre Kappe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP] – Florian Hahn [CDU/CSU]: Das liegt daran, dass Sie nur mit Toni Hofreiter gesprochen haben!)

Die Union legt einen Antrag vor, den man eigentlich überschreiben könnte mit: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! – Das ist das, was Sie hier fordern. Damit können Sie vielleicht in Ihren Reihen den einen oder anderen überzeugen; vielleicht gibt es da nicht so viele, die gut rechnen können. Aber ich sage Ihnen was: Wenn demnächst die neuen Minimum Capacity Requirements der NATO kommen, dann werden wir allein für die Verteidigung schon über Summen reden müssen, die sich schwerlich mit einem Sparhaushalt finanzieren lassen.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Welchen Sparhaushalt denn? – Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Sprechen Sie mit der SPD, oder mit wem sprechen Sie hier?)

– Den Sie wollen, Herr Merz, den Sparhaushalt.

Von einem erweiterten Verständnis davon, was Sicherheit bedeutet – die Kolleginnen und Kollegen haben das ja angesprochen, Sie im Antrag auch ein bisschen; das will ich gar nicht unterminieren –, will ich gar nicht reden. Sie machen sich hier einen ganz schlanken Fuß. Ehrlich geht ganz anders.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Diese Bundesregierung hat so viele gute Entscheidungen getroffen

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Ah!)

und auch in der Sicherheits- und in der Außenpolitik so viele richtige Entscheidungen getroffen

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Ah!)

wie keine andere Bundesregierung vor ihr.

(Lachen des Abg. Matthias Moosdorf [AfD] – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Geht es auch eine Nummer kleiner?)

Der Kollege Röttgen hat es gestern selber gesagt: Nach der Annexion der Krim ist der Umbruch ausgeblieben. Alexej Nawalny wurde damals vergiftet; aber Nord Stream 2 wurde nicht beerdigt. Die CDU-geführte Bundesregierung hat nichts gemacht. Und auch sonst: einfach business as usual. – Das war der Vorwurf Röttgens an die eigene Regierungszeit, und der ist genau richtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Und ja, die Zeiten in der Ampel sind turbulent, und wir sind uns nicht immer sofort einig.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Das ist die Untertreibung des Jahres!)

Aber wenn wir irgendwas nicht machen, dann business as usual.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich glaube, die Union wäre gar nicht in der Lage und hätte gar nicht die Kraft, Entscheidungen von dieser Tragweite selber zu treffen, wenn sie hier an der Regierung wäre.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das sieht man an Ihrem Antrag. Sie machen sich an der Stelle ganz klein. Wer den Antrag gründlich liest, versteht das auch. Deswegen werden wir ihn selbstverständlich ablehnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Hannes Gnauck [AfD], an die CDU/CSU gewandt: Das soll Ihr neuer Koalitionspartner werden? Dann viel Erfolg!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächste Rednerin ist Sevim Dağdelen für die Gruppe BSW.

(Beifall beim BSW – Konstantin Kuhle [FDP]: Sie ist wieder da! – Ulrich Lechte [FDP]: Jetzt kommt Sevims Märchenstunde!)