Rede von Frank Bsirske Betriebsräte

Frank Bsirske MdB
22.03.2024

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Ich nehme von dieser Anrede bewusst eine Partei aus, nämlich die, deren Landesvize in Bayern auf der Landesdelegiertenkonferenz im Januar dieses Jahres erklärt hat, man werde „den Karnickeln in den Parlamenten den verdienten Nackenschlag versetzen“ – die AfD.

Betriebsräte, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfüllen als Interessenvertretung der Beschäftigten elementare Aufgaben. Sie sind Träger der Mitbestimmung und demokratischer Beteiligung in den Betrieben, sie sind Kooperations- und zugleich Konfliktpartner und Widerpart der Arbeitgeberseite. Gemäß Betriebsverfassungsgesetz dürfen Betriebsratsmitglieder aufgrund ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch bevorzugt werden.

Nun hat unlängst ein Urteil des Bundesgerichtshofes zu Rechtsunsicherheit bei der Auslegung dieses Gesetzes geführt. Was nach stehender Rechtsprechung des BAG als rechtmäßig galt, wurde vom Bundesgerichtshof unter Untreueverdacht gestellt und strafrechtlich bedroht. In der Folge dieses Urteils und der damit eingetretenen Rechtsunsicherheit haben mehrere Unternehmen vorsorglich die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern und die Betriebsrenten ehemaliger Betriebsräte gekürzt und infrage gestellt. Dieses Vorgehen ist wiederum beklagt worden, und tatsächlich haben die Kläger zwischenzeitlich in mehreren Verfahren Recht bekommen.

Die Rechtsunsicherheit ist entsprechend groß und der Gesetzgeber gefordert, für Klärung zu sorgen. Es kann nicht sein, dass Manager wegen der Rechtsunsicherheit mit einem Bein im Gefängnis stehen, die Vergütungsgrundsätze für Betriebsräte unklar sind und die Bereitschaft gerade besonders befähigter Arbeitnehmer/-innen mit überdurchschnittlichen beruflichen Entwicklungschancen gemindert wird, sich für die Übernahme betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Deshalb legt die Ampel heute einen Gesetzentwurf vor, der im Einvernehmen mit den Sozialpartnern die Betriebsratsvergütung rechtssicher gestaltet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Danach dürfen Betriebsratsmitglieder aufgrund ihrer Tätigkeit auch weiterhin weder benachteiligt noch bevorzugt werden. Zu diesem Zweck wird die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitgliedes während der Dauer seiner Betriebsratstätigkeit ins Verhältnis zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer/-innen gesetzt und klargestellt, dass zur Bestimmung des Gehalts der mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsmandats abzustellen ist. Natürlich kann bei Vorliegen eines sachlichen Grundes auch eine Neubestimmung der Vergleichsgruppe vorgenommen werden. Soweit die Vergleichbarkeit in einer Betriebsvereinbarung konkretisiert ist, soll diese künftig nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden können.

Des Weiteren sollen die Maßstäbe des Verbots von Begünstigung oder Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern dahin gehend konkretisiert werden, dass Begünstigung oder Benachteiligung im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt immer dann nicht vorliegt, wenn das Betriebsratsmitglied die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen Anforderungen erfüllt. Normiert wird in diesem Zusammenhang ein allgemeines umfassendes Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot, das ausdrücklich auch die berufliche Entwicklung der Betriebsratsmitglieder umfasst. Danach ist der Arbeitgeber gehalten, den Betriebsratsmitgliedern eine berufliche Entwicklung zu gewährleisten, wie sie sie ohne Amtstätigkeit durchlaufen hätten, und das entsprechende Entgelt zu zahlen.

Sachlich gerechtfertigt ist bei Stellenbesetzungen, die während der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen zu berücksichtigen, soweit sie im Unternehmen auch außerhalb des Betriebsratsamtes für die jeweilige Stelle, Karriere und Vergütung relevant sind, wobei diese Fähigkeiten und Qualifikationen das Ergebnis eines individuellen, persönlichen Lernprozesses des Betriebsratsmitgliedes sein müssen und nicht ohne Weiteres durch eine Funktion im Betriebsrat oder einem seiner Gremien vorgegeben sind. Der bloße Zuwachs an Kompetenzen, Kenntnissen und Fähigkeiten während der Ausübung des Amtes als Betriebsrat begründet für sich alleine, ohne Bezug zu einer konkreten Stelle im Betrieb und deren Anforderungsprofil, also noch keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung.

Der Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, sichert damit, dass Mitglieder des Betriebsrates wegen ihrer Betriebsratstätigkeit nicht begünstigt und nicht benachteiligt werden. Das schließt ihre berufliche Entwicklung ausdrücklich ein und dient so der Wahrung der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Mitglieder des Betriebsrates sowie der unentgeltlichen Wahrnehmung ihres Amtes als Ehrenamt. Denn es ist das Ehrenamtsprinzip, welches entscheidend dazu beiträgt, dass die vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon ausgehen können, dass die Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch die Gewährung oder den Entzug materieller Vorteile für die Mitglieder des Betriebsrates beeinflussbar sind.

Der Gesetzentwurf stärkt das Ehrenamtsprinzip und stärkt die Betriebsräte für die Ausübung ihrer Aufgaben. Er hat die Unterstützung beider Dachverbände, der Arbeitgeber wie der Gewerkschaften, und eine breite Mehrheit sollte er auch hier im Bundestag finden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächste hat das Wort für die AfD-Fraktion Gerrit Huy.

(Beifall bei der AfD)