Zeitgemäßes und modernes Staatsangehörigkeitsrecht

- Wir schaffen ein zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht für Deutschland, das zu einem modernen Einwanderungsland passt. Das Bundeskabinett hat den entsprechenden Gesetzentwurf am 23. August 2023 verabschiedet.
- Mit der Reform setzen wir ein zentrales gesellschaftspolitisches Vorhaben des Koalitionsvertrages um. Wir stärken demokratische Teilhabe und machen Deutschland für dringend benötigte Arbeitskräfte attraktiver.
- Einbürgerungsfristen werden verkürzt, Mehrstaatigkeit wird anerkannt und künftig erhalten in Deutschland geborene Kinder von ausländischen Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Die erforderliche Voraufenthaltszeit des maßgeblichen Elternteils wird auf 5 Jahre verkürzt.
Es ist ein großer Schritt zur Stärkung der Demokratie: Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ermöglichen wir mehr Menschen, die dauerhaft hier leben, die praktische Teilhabe am Leben in Deutschland. Sie können nun durch die Teilnahme an Wahlen aktiv mitbestimmen.
In Deutschland leben aktuell mehrere Millionen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. 1,5 Millionen Menschen haben keinen deutschen Pass, obwohl sie hier in Deutschland geboren sind. Zugleich liegt die Einbürgerungsquote bei uns im unteren Drittel der EU-Staaten, nämlich unter 2 Prozent .
Verkürzung der Einbürgerungsfristen
Eine Einbürgerung ist künftig nach 5 Jahren, nach 3 Jahren bei besonderen Integrationsleistungen, möglich (bisherige Fristen: 8 Jahre bzw. 6 Jahre bei besonderen Integrationsleistungen).
Die Einbürgerungszahlen in Deutschland halten nicht mit der Einwanderung von Menschen Schritt. Die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Angleichung von Wohn- und Wahlbevölkerung ist immer weniger gegeben – ein Defizit der deutschen Demokratie, dem mit einer höheren Einbürgerungsquote entgegengewirkt werden kann.
Wenn mehr Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, Deutsche werden, stärkt das den sozialen Zusammenhalt, es dient der Integration und macht das Land demokratischer — frühere Einbürgerung heißt auch mehr Demokratie.
Deutschland liegt mit der Verkürzung der Einbürgerungsfristen auch im internationalen Trend und im EU-Durchschnitt. Wer die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt, sollte nicht länger warten müssen als zwingend notwendig. Das stärkt die Bindung an Deutschland und damit Deutschland als attraktives Einwanderungsland.
Akzeptanz von Mehrstaatigkeit
Mehrstaatigkeit ist in einer zunehmend globalisierten und mobilen Welt längst gelebte Realität für viele Menschen. Mehrstaatigkeit zuzulassen heißt, Vielfalt als Lebensrealität anzuerkennen. Schon jetzt erfolgt mehr als die Hälfte aller Einbürgerungen bei uns unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit — in einer globalisierten Welt ist es möglich, sich in mehr als einem Land zuhause zu fühlen. Jetzt soll diese Möglichkeit für alle Einbürgerungen gelten.
Studien zeigen: Der Zugang zur Staatsbürgerschaft wirkt sich positiv auf die wirtschaftliche, soziale und politische Integration von Eingewanderten aus, da er zu einem besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und zu höherem Einkommen führt. Das European University Institute konnte im Zuge der Forschung keine systematischen Belege für negative Auswirkungen der doppelten Staatsbürgerschaft auf den Integrationsprozess im Zielland belegen.
Stärkung des Geburtsortprinzips
Künftig erhalten in Deutschland geborene Kinder von ausländischen Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Die erforderliche Voraufenthaltszeit des maßgeblichen Elternteils wird auf 5 Jahre verkürzt. Die Optionspflicht, sich in bestimmten Konstellationen bei Erreichen der Volljährigkeit zwischen den Staatsangehörigkeiten zu entscheiden, entfällt.
Die Verwirklichung des Geburtsrechts in der nun vom Kabinett verabschiedeten Staatsangehörigkeitsrechtreform steht im Einklang mit der allgemein anerkannten Praxis etlicher anderer Staaten. In fast der Hälfte aller Länder der Welt ist das sogenannte ius soli (Verknüpfung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit mit dem Geburtsort, "Geburtsortprinzip") in verschiedenen Formen ausgeprägt.
Danach können Kinder, die in einem bestimmten Land geboren werden, die Staatsangehörigkeit des betroffenen Landes unabhängig von der Staatangehörigkeit der Eltern erwerben; ebenso, wenn ein Elternteil selbst in dem Land geboren wurde oder einen Aufenthaltsstatus in dem Land besitzt, der zeigt, dass es nicht nur vorübergehend im Land bleiben möchte.
Optimierung im parlamentarischen Verfahren
Wir werden uns in dem nun anstehenden parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen, aus einem guten Entwurf ein noch besseres Gesetz zu machen. So werden wir Verbesserungsmöglichkeiten bei Entbürokratisierung, Stärkung des Einbürgerungsanspruchs und der Berücksichtigung der Lebensrealität von Menschen mit Migrationsgeschichte überprüfen.
Änderungsbedarf gibt es auch zu der nun vorgelegten Regelung zur Lebensunterhaltssicherung als Voraussetzung für die Einbürgerung. Durch die strikte Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung etwa sind einige Menschen von der Einbürgerung ausgeschlossen, ohne dass sie ein Verschulden trifft, den Lebensunterhalt nicht sichern können. Dazu zählen Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung oder auch Rentner*innen, die aufgrund ihrer niedrigen Rente auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind.
Wir werden uns dafür einsetzen, Änderungen an diesen Voraussetzungen zu erreichen.