Russland

Gemeinsame Erklärung zur drohenden Auflösung von Memorial

Eingang MEMORIAL Moskau
In einer Gemeinsamen Erklärung protestieren SPD, FDP und Grüne entschieden gegen die drohende Zwangsauflösung von Memorial, Russlands bekanntester Menschenrechtsorganisation. Im Bild: Metalltafel am Eingang zum Gebäude in Moskau, in dem Memorial seinen Sitz hat. MEMORIAL Deutschland / D. Höpfner
22.11.2021

Gemeinsame Erklärung

Mit größter Besorgnis nehmen wir das politisch motivierte Vorgehen gegen Memorial International und das Menschenrechtszentrum Memorial zur Kenntnis und protestieren entschieden gegen die drohende Zwangsauflösung der bekanntesten und international renommiertesten Menschenrechtsorganisation der Russischen Föderation.

Memorial steht seit Jahrzehnten für eine lebendige, humanistische Erinnerungskultur und ein aktives, bürgerschaftliches Engagement für die Menschenrechte. Bis heute leistet Memorial einen unschätzbaren Beitrag zur historischen Aufarbeitung, Rehabilitierung politisch Verfolgter und zu Unrecht Verurteilter sowie zur Achtung der Menschenrechte. Im besten Sinne setzt sich Memorial für gesellschaftlichen Austausch und die Verwirklichung der auch von der russischen Verfassung ausdrücklich genannten europäischen Werte wie Demokratie, Rechte und Freiheiten des Menschen und damit für ein geeintes, friedliches Europa ein. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter unserer Fraktionen im Deutschen Bundestag pflegen seit Jahrzehnten ein enges Verhältnis zu Memorial und wollen auch weiterhin die wichtige, zur Völkerverständigung beitragende Zusammenarbeit mit Memorial und mit allen demokratischen Vertreterinnen und Vertretern der russischen Zivilgesellschaft fortsetzen.

In Zeiten zunehmender Spannungen in Europa ist die Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaften ein wichtiger Garant für Frieden und Verständigung. Wir nehmen daher mit Sorge zur Kenntnis, dass die Gesetzgebung der Russischen Föderation in Bezug auf die sogenannten „Ausländischen Agenten“ auf die Stigmatisierung und Delegitimierung eben jener grenzüberschreitenden, gesellschaftlichen Zusammenarbeit abzielt. Wir unterstützen die Forderungen Memorials und weiter Teile der Zivilgesellschaft, dass diese Gesetze aufgehoben werden müssen.

Das Vorgehen gegen Memorial steht im Widerspruch zu den Prinzipien und Werten der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der Charta von Paris. Eine Auflösung von Memorial International wäre ein direkter Angriff auf das Vermächtnis des Friedensnobelpreisträgers Andrei Dmitrijewitsch Sacharow. Eine unabhängige, kritische und professionelle Aufarbeitung der Geschichte ist für die deutsch-russischen Beziehungen, gerade vor dem Hintergrund der von Deutschen gegen Menschen in der Sowjetunion begangenen Verbrechen, existenziell.

Berlin, 19. November 2021

  • Gabriela Heinrich,
    Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion
  • Nils Schmid,
    Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
  • Agnieszka Brugger,
    Stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Omid Nouripour,
    Außenpolitiker der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Alexander Graf Lambsdorff,
    Stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
  • Bijan Djir-Sarai,
    Außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion