Parlamentarische Nacht Parlamentarische Nacht beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg

• Jetzt ist die Zeit! – Das Motto des diesjährigen Evangelischen Kirchentages ist dem Beginn des Markusevangeliums entnommen und steht dort im Kontext der Forderung nach einer Umkehr, also eines transformativen Umdenkens.
• Dieses Motto ist überaus anknüpfungsfähig an die bestimmenden politischen Diskurse unserer Zeit. Das zeigten die Redner*innen unserer parlamentarischen Nacht anlässlich des Kirchentages in Nürnberg.
• Unsere Fraktion konnte zu der Veranstaltung über 320 Gäste aus den Kirchen, Religionsgemeinschaften, Wohlfahrtsverbänden und weiteren zivilgesellschaftlichen Gruppen begrüßen.

Unsere Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann griff das Motto des Kirchentags auf und beschrieb die zahlreichen Herausforderungen, die von politischen Akteur*innen, aber auch von uns als Gesellschaft in Gänze ein Umdenken fordern: Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der damit einhergehende Angriff auf die internationale Ordnung erfordern eine politische Haltung der Solidarität und Unterstützung mit der Ukraine. Die immer greifbar und spürbar werdende Bedrohung des Klimawandels erfordert gemäß dem Motto – Jetzt ist die Zeit – jetzt ein Handeln der Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen und zukünftigen Generationen. Auch die Kindergrundsicherung, so betonte Britta Haßelmann, sei angesichts der von Armut betroffenen Kinder ein Gebot der Stunde, ein Gebot der Chancengleichheit.

Kirchentagspräsident Dr. Thomas de Maizière erzählte in seinem Grußwort scherzhaft über die ihn oft begegnende Frage, was eigentlich inhaltlich der Unterschied zwischen Evangelischem Kirchentag und Grünem Parteitag ausmache – beziehungsweise ob es einen solchen überhaupt gebe. Er stellte die Frage nach dem  Wesenskern des Evangelischen in den Raum. Auch betonte er, dass eine der großen Herausforderungen der Zeit darin bestehe, Ideale auch unter den Zwängen des politischen Alltagsgeschäftes aufrecht zu erhalten, ohne andererseits den Bezug zur politischen Praxis aufzugeben.

Tessa Ganserer begrüßte als Abgeordnete aus Nürnberg Gäste und Fraktion und warf einen retrospektiven Blick auf die Geschichte der Kirchentage: Bereits 1979 habe der Evangelische Kirchentag in Nürnberg stattgefunden, damals unter dem Motto „Zur Hoffnung berufen“. Tessa Ganserer stellte den inhaltlichen Bezug zur diesjährigen Losung – Jetzt ist die Zeit! – her und führte aus, dass jetzt auch die Zeit für Hoffnung sei, dass also auch das Kirchentagsmotto von 1979 an Aktualität nicht ansatzweise eingebüßt hat.

Den Schlusspunkt des formellen Programms der parlamentarischen Nacht bildete ein Zwiegespräch zwischen Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Bundestages, und Lamya Kaddor, als innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion auch zuständig für das Themenfeld Religion. Darin ging es zunächst um das fortschreitende Erstarken rechter Stimmen und deren gezieltes Bestreben, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben. Lamya Kaddor ging dabei auf einen Vorfall ein, der sich kürzlich im Innenausschuss ereignete: Dort wurde sie selbst Opfer übler rassistischer Beleidigungen, mit denen sich nun der Ältestenrat des Bundestages befassen wird. Dass sich solche Vorfälle sogar im parlamentarischen Rahmen ereignen, rief großes Entsetzen unter den Zuhörer*innen hervor. Es herrschte große Übereinstimmung, dass solchen Grenzverschiebungen und jeder Form der menschenverachtenden Rede immer und klar entgegentreten werden müsse. Auch weiteren großen Fragen stellten sich Katrin Göring-Eckardt und Lamya Kaddor in ihrem Dialog: Welche Bedeutung hat Religion heute im politisch-parlamentarischen Diskurs? Wie wirken sich zunehmende Säkularisierung und Pluralisierung aus?

Im Anschluss an den formellen Teil des Programms begaben sich die gastgebenden Fraktionsmitglieder und die etwa 320 Gäste in Austausch und Begegnung über vielfältige parlamentarische und gesellschaftliche Themen bis tief in die Nacht hinein. Auch der immer im Wechsel mit dem Evangelischen Kirchentag stattfindende Katholikentag 2024 in Erfurt war bereits Gesprächsthema. Dessen Motto lautet übrigens „Zukunft hat der Mensch des Friedens“, eine spannende thematische Kontinuität zum diesjährigen Evangelischen Kirchentag.