EU-Mitgliedsstaaten gegen Glyphosat-Genehmigung

- Glyphosat ist ein Totalherbizid, dass alle Pflanzen – und damit die Grundlage für funktionierende Ökosysteme – abtötet. Zudem steht es im Verdacht, krebserregend zu sein.
- Wir haben deshalb im Koalitionsvertrag der Bundesregierung unmissverständlich festgelegt, dass wir Glyphosat Ende 2023 vom Markt nehmen.
- Deshalb hat Deutschland auch der erneuten Genehmigung in der EU nicht zugestimmt.
Keine Mehrheit für Glyphosat-Genehmigung
Am Freitag, den 13.10.2023, gab es unter den EU-Mitgliedsstaaten keine Mehrheit für die Wiedergenehmigung des umstrittenen Pestizids Glyphosat. Die EU-Kommission hatte eine Wiederzulassung für 10 Jahre zur Abstimmung gestellt. Die Kommission wird damit ihrer Rolle nicht gerecht und ignoriert das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip.
Als Ampel-Koalition haben wir klar festgelegt, Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. Da die FDP-Ministerien im Bundes-Kabinett trotzdem eine Glyphosat-Ablehnung auf EU-Ebene verhindert haben, musste sich Deutschland im Ständigen Ausschuss (SCoPAFF) enthalten.
Da auch viele andere Mitgliedstaaten – insbesondere Frankreich – dem Vorschlag der Europäischen Kommission nicht zugestimmt haben, gibt es keine qualifizierte Mehrheit für Glyphosat. In den kommenden Wochen wird es nun eine weitere Abstimmung im Berufungsausschuss geben. Sollte auch dort keine qualifizierte Mehrheit für die Wiederzulassung von Glyphosat stimmen, dürfte die Europäische Kommission allein entscheiden.
Als Grundlage für die Beschlussvorlage und den Überprüfungsbericht der EU-Kommission dienten die Schlussfolgerungen der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu Glyphosat. Die EFSA weist darauf hin, dass die ihr verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen der Risikobewertung zum Aspekt der Biodiversität zuließen.
Ist Glyphosat also nicht so gefährlich? Doch!
Eine grundsätzliche Schwäche der EFSA-Schlussfolgerungen ist, dass das Vorsorgeprinzip nicht konsequent angewendet wird. Damit liegt die Beweislast für eine negative Auswirkung bei den Bewertungsbehörden. Der Beweis ist kompliziert: Ein großes Problem im Zusammenhang mit der Glyphosatanwendung sind Schäden für die Biodiversität. Das Totalherbizid vernichtet alle Pflanzen auf dem Acker und damit die Lebensgrundlage für viele Insekten, die wiederum Nahrungsquelle für Vögel und andere Wirbeltiere sind. Glyphosatanwendung geht daher mit einem massiven Biodiversitätsverlust in der Agrarlandschaft einher. Diesen Aspekt haben die Behörden bisher nur lückenhaft geprüft und unzureichend bewertet.
In den letzten Jahren fanden Forscher*innen weitere Hinweise dafür, dass Glyphosat womöglich krebserregend ist (Chang et al. (2023), Benbrook et al. (2023)). Diese neueren Studien hat die EFSA nicht berücksichtigt. Ihre Schlussfolgerungen ignorieren auch die Bewertung durch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) bei den Vereinten Nationen, wonach Glyphosat möglicherweise krebserregend ist.
Nicht jede Pflanze muss weg
Um unliebsames Unkraut auf dem Acker loszuwerden, greifen konventionell wirtschaftende Landwirtinnen und Landwirte zu Herbiziden. Pestizidhersteller bieten ihnen dafür Produkte an, die darauf ausgelegt sind, möglichst viele Pflanzentypen zu töten. Dabei sind es nur bestimmte Pflanzen, die den Ernteertrag deutlich mindern. Viele andere Ackerkräuter sind unbedenklich für den Landbau und könnten zur Artenvielfalt beitragen. Dies ist auch in der Gesetzgebung berücksichtigt: Die Richtlinie 2009/128/EG fordert die möglichst selektive Verwendung von Pestiziden; das Pflanzenschutzgesetz die Berücksichtigung der guten fachlichen Praxis und der Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes (BVL 2019). Bayer, BASF und Co. ignorieren hier bewusst den Willen des Gesetzgebers. Denn in der guten fachlichen Praxis darf kein Platz für ein Totalherbizid wie Glyphosat sein.
Die Menschen wollen Glyphosat vom Acker haben
PAN Europe hat vor kurzem eine Befragung in sechs EU-Mitgliedsstaaten in Auftrag gegeben mit jeweils mindestens 1000 befragten Erwachsenen in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Polen, Rumänien und Spanien. 62 Prozent der Befragten fanden, Glyphosat solle verboten werden. Lediglich 14 Prozent sprachen sich für eine Verlängerung der Genehmigung aus. 24 Prozent der Befragten hatten keine Meinung. In Rahmen der erfolgreichen europäischen Bürgerinitiative ‚Stop Glyphosate‘ fordern mehr als 1 Millionen EU-Bürger*innen ein Ende der Glyphosatanwendung.