Medien

Wie umgehen mit der Macht großer Internetplattformen?

Wischgeste auf dem Display eines Tablets, im Hintergrund ein externer Monitor
Der Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung zeigt: Die Bedeutung der großen Plattformen nimmt zu. Kooperative Medienplattformen können ein Gegengewicht dazu werden. fancycrave1 / Pixabay
11.03.2022
  • Die Mediennutzung verschiebt sich immer mehr zu den großen Internetplattformen, die zu den wichtigsten Gatekeepern der Informationsgesellschaft geworden sind.
  • Das wissenschaftliche Gutachten zum aktuellen Medien- und Kommunikationsbericht  der Bundesregierung zeigt: Diese Entwicklung ist nicht alternativlos.
  • Wir brauchen einen Rechtsrahmen, der die Entstehung kooperativer Medienplattformen begünstigt und Medienakteure zur Zusammenarbeit auf diesen Plattformen ermutigt.

Die großen kommerziellen Internet-Plattformen stehen immer öfter auch medienpolitisch in der Kritik. Ihre Algorithmen sind auf möglichst viel Interaktion der Nutzerinnen und Nutzer optimiert, weil dadurch Daten entstehen, die für zielgerichtete Werbung eingesetzt werden. Schon von ihrem technischen Design her funktionieren solche Plattformen also anders als traditionelle Medien, bei denen Redakteurinnen und Redakteuren entscheiden, welche Nachrichten und Informationen besonders prominent platziert werden. Die Folge: Auch problematische Inhalte wie Fake News und Hassrede werden in die News-Feeds hineingespült – umso eher, je mehr Nutzerinnen und Nutzer darauf reagieren. Bis die Plattformbetreiber gegensteuern können, was meist wiederum automatisiert geschieht, ist es oft schon zu spät.

Politik schafft Ordnungsrahmen

Kooperative Medienplattformen könnten dabei helfen, die skizzierten Probleme der großen Medienplattformen zu reduzieren. Die Aufgabe der Politik ist in diesem Zusammenhang, einen Ordnungsrahmen zu schaffen, der die Entstehung solcher begünstigt und fördert. Über eine gesetzliche Privilegierung, etwa steuerlicher Art, kann in diesem Zusammenhang ebenso nachgedacht werden wie über Instrumente, die im Bereich der Nachfrage einen Anreiz schaffen sollen, wie etwa die Subventionierung von Abonnements. Selbstverständlich muss hierbei jedoch die Bund-Länder-Kompetenzverteilung im Bereich der Medien beachtet werden. Und wir müssen herausfinden, wie die Transformation des derzeitigen Mediensystems hin zu einem kooperativen Modell bewältigt werden kann. Einfacher gesagt: Was brauchen die Medienakteure, um erfolgreich kooperieren zu können?

Zu Recht stellt der aktuelle Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung deshalb fest: Es bedarf einer Diskussion über die Schaffung eines adäquaten Rechtsrahmens. Wir Grüne im Bundestag werden uns daran auch in Zukunft aktiv beteiligen.

Ein gemeinnütziges Gegengewicht

Statt auf die Maximierung der Interaktivität können kooperative Plattformen schon im technischen Design auf gemeinwohlorientierte Kriterien hin optimiert werden und somit ein dringend benötigtes Gegengewicht zu rein kommerziell ausgerichteten Angeboten darstellen.

Wie die Autoren Tobias Gostomzyk, Otfried Jarren, Frank Lobigs, Christoph Neuberger und Daniel Moßbrucker in einem Gutachten im Auftrag der Bundesregierung darlegen, könnte ein gemeinwohlorientiertes, plattformbasiertes Medienökosystem als Infrastruktur für die Zugänglichmachung publizistischer Inhalte auch einen wertvollen Beitrag zur Überwindung der gegenwärtigen Medienkrise leisten.

Eine wertebasierte Plattform

Eine wertebasierte Plattform müsste sich grob am Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks orientieren und entsprechend Wert legen auf Informationsqualität (überprüfte Quellen), Diskursqualität (Rationalität, Respekt, Kohärenz), Inklusion (auch im Hinblick auf Nutzung und Wirkung), Vielfalt (als Angebotsvielfalt, aber auch als Nutzungsvielfalt seitens des Publikums), sowie auf eine Verteilung von Meinungsmacht und auf Integration, also die Vermeidung von Filterblasen. Ihre Hauptaufgabe bestünde weniger in der Produktion und Verbreitung von Inhalten, sondern eher in einem aktiven Beitrag zur Vernetzung und Moderation von Inhalten. Es geht also um einen Übergang vom Gatekeeper- zum Netzwerkparadigma.