Gewässerschutz

Umweltkatastrophe in der Oder

Tote Fische liegen im Wasser
Das Fischsterben in der Oder ist eine massive Umweltkatastrophe. Als Konsequenz müssen auch bessere Maßnahmen zum Schutz des wertvollen Ökosystems getroffen werden. picture alliance/dpa | Patrick Pleul
30.09.2022
  • Das massiven Fischsterben entlang der Oder ist noch immer nicht vollständig aufgeklärt.
  • Ein Expertenbericht des Umweltministeriums fasst die bekannten Ursachen zusammen und legt erste Maßnahmen für die Zukunft des Ökosystems vor. 
  • Klar ist allerdings schon jetzt, dass das Wasser und die Flusslandschaft der Oder mehr Schutz brauchen.

Auf 500 Kilometern entlang der Oder zeigte sich eine dramatische Umweltkatastrophe mit einem massiven Fischsterben sowie zahlreichen toten Kleinlebewesen wie Muscheln und Krebsen. Die Katastrophe begann Ende Juli am Oberlauf der Oder oberhalb der Stadt Wroclaw (Breslau), erreichte am 9. August 2022 Brandenburg und damit auch das untere Odertal und den gleichnamigen Nationalpark. Die für solche Fälle im Rahmen der Internationalen Kommission zum Schutz der Oder vereinbarte Meldekette hat nicht funktioniert. Es gab keine Vorwarnung aus Polen, obwohl dort das Fischsterben bereits seit mindestens zwei Wochen bekannt war.

Das vollständige Ausmaß der Katastrophe ist noch immer nicht bekannt, auch gibt es noch keine hundertprozentig gesicherten Erkenntnisse über die Ursachen.

Expertenbericht

Das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat am 30. September einen Expertenbericht vorgestellt, der die bis dahin bekannten Ursachen für die Katastrophe zusammenfasst und erste Maßnahmen für die Zukunft der Oder vorschlägt. Dazu gehören ein Monitoring zu den entstandenen Schäden und ihre Beseitigung, die Wiederaufnahme des Projektes zur Ansiedlung des Baltischen Störs sowie erste Schritte für Renaturierungsmaßnahmen entlang des Flusses.

Sehr wahrscheinlich entwickelten sich durch verschiedene Einleitungen unnatürliche Wachstumsbedingungen für die giftige Goldalge Prymnesium parvum durch verschiedene Einleitungen so, dass sie sich massenhaft vermehren und eine hohe Giftfracht produzieren konnte. Klar ist: die Oder ist ein schwer geschädigtes Ökosystem.

Maßnahmen zur Eindämmung des Schadens

Um eine weitere Ausbreitung der Schadstoffwelle zu begrenzen, wurden in Brandenburg nach Bekanntwerden der Katastrophe alle Zuflüsse in die Oder, Schleusen und Stauhaltungen sowie Entnahmestellen geschlossen. Von zentraler Bedeutung war außerdem die Beseitigung der Fischkadaver am gesamten Flussverlauf. 

Viele spontane und organisierte Helferinnen und Helfer haben angepackt, um die Fischkadaver zu beseitigen und noch größeren Schaden für Natur und Gesundheit zu vermeiden. Ihnen gilt ein besonderer Dank.

Politische Aufklärung 

Eine deutsche Delegation, angeführt von der grünen Bundesumweltministerin Steffi Lemke, hatte sich am 14. August mit der polnischen Seite in Stettin getroffen, um über die Umweltkatastrophe in der Oder und die weiteren Auswirkungen zu beraten. Für eine schnellstmögliche Aufklärung wurde in den Gesprächen mit der polnischen Regierung eine deutsch-polnische Expertengruppe vereinbart, um die Ursachen für das Fischsterben und die erforderlichen Maßnahmen auf beiden Seiten zu klären.

Am 18. August traf sich die zuständige Arbeitsgruppe der Internationalen Kommission zum Schutz der Oder, um die anfänglichen Probleme bei der Zusammenarbeit und die Ausfälle in der Meldekette die Oder abwärts nach Deutschland aufzuarbeiten. Die Umweltkatastrophe und ihre politische Aufklärung stand darüber hinaus auf der Tagesordnung im deutsch-polnischen Umweltrat am 29. August 2022. Auch der Umweltausschuss des Bundestages befasste sich in einer Sondersitzung am 24. August mit der Odervergiftung. 

Ökologische Wiederherstellung der Oder

Die Oder ist wertvolle Lebensader für Deutschland und Polen und ein in weiten Teilen naturnaher Fluss mit wichtigen ökologischen Funktionen. Die Umweltkatastrophe schädigt und belastet den Fluss auf Jahrzehnte. Umso wichtiger ist es, dass weitere negative Einflüsse auf dieses wertvolle Ökosystem vermieden werden.

Die Pläne für den Ausbau der Oder auf polnischer Seite gehören in den Papierkorb. Daher ist die erneute Entscheidung der polnischen Regierung zum weiteren Ausbau vom 22. August dieses Jahres grundfalsch. Der Fluss und die umliegenden Auen müssen als Lebensraum aufgewertet werden.

Wir wollen gemeinsam mit Fachleuten entlang des gesamten Flussverlaufs identifizieren, wo Renaturierungsmaßnahmen helfen können, diesen einzigartigen Fluss und seinen Artenreichtum wiederherzustellen. Und wir müssen die Wasserqualität der Oder und ihrer Zuflüsse genauer unter die Lupe nehmen und für schnell wirksame Meldeketten im Falle von kritischen Verunreinigungen sorgen.

An entsprechenden Konzepten werden wir als grüne Bundestagsfraktion aktiv mitarbeiten.